Martin Buber

Zur Begründung der Wahl des Schulnamens...

 

Martin Buber (1878-1965) beschreibt etwas uns sehr Bedeutsames innerhalb seiner anthropologisch-philosophischen Reflexionen, was in besonderem Maße dem pädagogischen Leitgedanken unserer Schule, ausführlich dargelegt in unserem Schulprogramm, als geistig-anthropologische Grundlegung dient. Dies betrifft insbesondere die vorurteilsfreie, niemals eigenmächtig überschreitende Begegnung zwischen dem Wesen (der Schüler*innen mit Förderbedarf) und dem pädagogisch wirkenden Wesen (den Mitarbeiter*innen).

„Denn der echte Erzieher hat nicht bloß einzelne Funktionen seines Zöglings im Auge, wie der, der ihm lediglich bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten beizubringen beabsichtigt, sondern es ist ihm jedes Mal um den ganzen Menschen zu tun, und zwar um den ganzen Menschen sowohl seiner gegenwärtigen Tatsächlichkeit nach, in der er vor dir lebt, als auch seiner Möglichkeit nach, als was aus ihm werden kann.“    (M. Buber, 1965)


Martin Buber beschreibt diese grundlegende Haltung als das „dialogische Prinzip“. Hiermit ist ein Kerngedanke seiner philosophischen Anthropologie angesprochen, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Geisteswissenschaften, aber weiterhin auch auf die Soziologie und die Erziehungswissenschaften genommen hat.

"Alles wirkliche Leben ist Begegnung" und der Satz "Der Mensch wird am Du zum ich" deuten die existentielle Haltung an, welche einen nachhaltigen Bezug zu unseren Leitgedanken, insbesondere dem Verstehen, der Einfühlung und Würdigung der Besonderheit und der Einzigartigkeit eines jeden Menschen, aufweisen. Buber beschreibt ein sehr enges Verhältnis zwischen Pädagog*innen und Schüler*innen, das sich nicht an autoritären Dogmen orientiert, sondern an der Freiheit der menschlichen Entwicklung durch eine dialogische Begegnung. Das Dialogische Prinzip unterbaut die positive Verbindung von Erzieher*in und Schüler*in, da vor der anthropologischen Ich-Du-Kategorie Erziehen niemals anmaßende Grenzüberschreitung, nie eigenmächtiges, unbegründbares Eingreifen in den Eigenraum einer selbständigen Person sein darf. (vgl. W.Faber: „Das dialogische Prinzip M.Bubers und das erzieherische Verhältnis“, Ratingen 1962). Hier eröffnet sich uns insbesondere auch die Kontaktebene zu Schüler*innen mit intensivpädagogischem Förderbedarf. Als konstitutiv für die Erschließung der Du-Perspektive gilt die grundsätzliche An- und Aufnahme der Schüler*innen im Sinne Martin Bubers.

„Die Anerkennung der Andersheit fundiert und eröffnet das erzieherische Verhältnis. Das Kind will spüren, dass es angenommen ist und zwar so, wie es nun einmal ist,...“ (O.Speck, München 1984).

In diesem Sinne gilt es für alle Schüler*innen der Martin-Buber-Schule, in Bezug auf deren Lebenswelt, zuvorderst eine Begegnung von Mensch zu Mensch anzustreben.

Im Rahmen unseres täglichen Bemühens stellen somit die dialogischen und humanistischen Reflexionen Bubers einen philosophisch-anthropologischen Hintergrund unserer auf den einzelnen Menschen in jeder neuen gegenwärtigen Situation stattfindenden Begegnungen dar.

Kurze Ausführungen zum Lebenslauf Martin Bubers



Martin Buber wurde im Februar 1878 in Wien geboren und wuchs nach der Trennung seiner Eltern im Hause seines Großvaters Salomon Buber in Lemberg (Ukraine) auf. Von seinem Großvater (ein bekannter Religionswissenschaftler) erhielt er seine erste Ausbildung. Die Sprachenvielfalt seiner Umgebung und das Nebeneinander verschiedener Kulturen sollten prägend für Martin Bubers Leben werden. Zu Hause wurde deutsch gesprochen, auf der Straße und in der Schule polnisch, im jüdischen Viertel Jiddisch und in der Synagoge hebräisch.

Sein Studium schloss M. Buber 1903 ab und promovierte zum Dr. phil.. Seit 1882 hatte eine Einwanderungsbewegung vornehmlich russischer Juden nach Palästina eingesetzt. Sie glaubten, nur durch die Bildung eines eigenen Staates auf Dauer vor Pogromen sicher zu sein. Zeit seines Lebens betonte Buber, dass sowohl Araber wie Juden ein Recht hätten dort zu leben und dass eine einseitige Besitznahme dieses Gebietes durch die Juden Unrecht an den Arabern bedeuten würde. So begab sich Buber schon zu dieser Zeit in die Opposition, die er, bei aller Liebe zu Israel, sein Leben lang aufrechterhielt. Ab 1919 begann Bubers Lehrtätigkeit. Martin Buber war von 1924 bis 1933 zunächst Lehrbeauftragter und zuletzt Honorarprofessor für Jüdische Religionslehre und Ethik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er legte diese Professur 1933, nach der Machtergreifung nieder, bevor sie ihm aberkannt werden konnte (aus: Wikipedia, Stand Nov.2018)

Parallel dazu veröffentlichte er eine Vielzahl philosophischer Schriften. Bubers wohl bekanntestes Werk, das seine Grundgedanken über das Verhältnis des Menschen zu seiner Welt entfaltet, erschien 1923: „Ich und Du“. Den Grundgedanken dieses Werkes wird Buber in allen seinen späteren Schriften weiterverfolgen: die Suche nach dem Dialog zwischen den Menschen, vom Ich zum Du, ohne dass sich Parteien, Kirchen, Institutionen jeglicher Art dazwischenschieben, damit sich Menschen, gleich welcher Religion, welcher Kultur, welcher Hautfarbe auch immer unvoreingenommen begegnen und das Gespräch führen können. Für ihn ist dies praktizierter Glaube („Klugheit ohne Herz ist gar nicht. Fromm ist falsch. Denn die wahre Gottesliebe fängt mit der Menschenliebe an.“) Insoweit konnte es für Buber, obwohl überzeugter und gläubiger Jude, keine dominierende Religion geben, deren Ziel es sein könnte, andere Religionen zu bekämpfen.

1938 emigrierte Buber nach Jerusalem und übernahm an der Universität von Jerusalem eine Professur für Sozialphilosophie. Schon vor der Einwanderung war Buber Mitglied der „Brit Schalom“ (Friedensbund) geworden, einer Organisation zur Förderung jüdisch-arabischer Verständigung. Buber lehnte jegliche Gewaltanwendung in Palästina und ebenso den so wirkenden jüdischen Nationalismus kategorisch ab, setzte sich für Minoritäten in anderen Teilen der Welt ein und vertrat stets die These von der friedlichen Lösung von Konflikten.

Nach dem Krieg gehörte Buber zu den Menschen jüdischen Glaubens, die trotz der Judenverfolgung bereit waren, Deutschland die Hand zur Versöhnung zu reichen. Er wurde zu einem Wegbereiter des christlich-jüdischen Dialogs und wegweisend für den Glauben an Mitmenschlichkeit, Toleranz und das Gespräch mit dem anderen. 1951 erhielt Buber den Hansischen Goethepreis der Universität Hamburg, 1953 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, 1963 den Erasmus-Preis Amsterdam und viele weitere Auszeichnungen. Am 13. Juni 1965 starb Martin Buber. Er ist in Jerusalem begraben. Bei seinem Begräbnis legten drei arabische Studenten der Hebräischen Universität als Vertreter ihrer Organisation einen Kranz nieder. Buber bestimmte testamentarisch eine Summe für jährliche Stipendien zugunsten arabischer Studenten.

Die Preisträger der Martin-Buber-Plakette waren seit dem Jahr 2002 Helmut Schmidt, Richard v. Weizsäcker, Karlheinz Böhm, Hermann v. Veen, Klaus Maria Brandauer, Waris Dirie, Michael Gorbatschow & Irina Virganskaya, Liesje & Hugo Tempelmann; Menschen des öffentlichen Lebens, welche sich in besonderer Weise für ein humanes Miteinander der Menschen verdient gemacht hatten.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://buber-gesellschaft.eu/